14. September 2012

Libyen. Christopher Stevens und die verfehlte Arabienpolitik der USA

"Guten Morgen allerseits Sabaah al-kheir. Willkommen in der Botschaft. Ich weiß, daß es heiß ist, und Sie stehen in der Sonne, deshalb verspreche ich, daß meine Bemerkungen kurz und auf den Punkt sein werden. Heute ist ein großer Tag für die US-libyschen Beziehungen." So beginnt der seit Mai 2012 als Botschafter der USA in Tripoli wirkende J. Christopher Stevens seine Rede zur Wiedereröffnung der Konsularabteilung. Zu Muammar al-Gaddafis Zeiten wirkt er dort als Stellvertretender Botschafter.
"... Ich beglückwünsche unsere neue Leiterin der Konsularabteilung Jenny Cordell (Applaus), und ihre ausgezeichneten Mitarbeiter zu ihrer harten Arbeit, um für diesen Tag [26. August 2012] bereit zu sein und für die noch härtere Arbeit, die sie ab morgen tun werden. ... Dieses Jahr schicken wir Hunderte von Libyern in akademischen und beruflichen Austauschprogrammen zu Besuch in die USA. ...

So ist heute meine Nachricht an die Libyer ahlan wasahlan bikum. Sie sind willkommen, Amerika zu besuchen, und da ist die Tür dazu. Ich danke Ihnen. (Applaus)."

Der Botschafter steht bei der Rede im Schatten, sonst hätte er gesagt: Ich weiß, daß es heiß ist, und wir stehen in der Sonne. Dann stellt er für die Leitung der Konsularabteilung in diesem von radikalen Muslimen umkämpften Land eine Frau vor; es ist zu vermuten, daß sie ohne Kopftuch auftritt. Er kündigt an, daß sich die USA demnächst Libyer in Scharen ins Land holen werden, zu Hunderten. Besser kann man die verfehlte Außenpolitik der USA in wenigen Worten und Gesten nicht zusammenfassen.

Lee Cowan, CBS, erwähnt zu Beginn seines Beitrags, zwei Tage nach dem Mord, A Closer Look to U.S. Embassador Christopher Stevens über den "braven Patrioten", daß er der erste nach 1979 in Ausübung seines Amtes ermordete US-Botschafter sei. Wer ist der 1979 ermordete Botschafter? Unwichtig? Seiner wird nicht gedacht? Es ist Adolph Dubs, Botschafter in Afghanistan. Man muß es nicht hervorheben, es könnten zusätzliche Zweifel an der US-Politik aufkommen.

Außenministerin Hillary Clinton mit jungmädchenhaft wallendem Blondschopf, wie er auch bei offiziellen Besuchen in Ägypten in die Kamera weht, hält einen vorläufigen Nachruf auf Christopher Stevens, Präsident Barack Obama würdigt seinen Einsatz an der Seite der Rebellen, Ethan Chorin, ein seit vielen Jahren in Benghazi tätiger "Business Developper", hat kurz vor dem Angriff mit dem Botschafter telefoniert, alle sind entsetzt. Niemand aber wundert sich über Ethan Chorin. Ist er etwa Jude?

Ein Freund aus Zeiten des gemeinsamen Jurastudiums erinnert sich an Chris, seine Mutter wird zitiert, die gefragt habe, was er mit seinen Aktivitäten bezwecke, aber von einer Frau und Kindern ist nichts zu hören. Der Mann ist also wahrscheinlich schwul. Er wäre nicht der erste Mann aus dem Westen, den vor allem seine Homosexualität zu den Muslimen treibt. Dort versteht man davon am meisten, und Allah ist der beste Ränkeschmied (Sure 8:30). Nach seinem Studium sei Christopher Stevens ins Peace Corps eingetreten, und danach in den diplomatischen Dienst.

Das aber weiß Pierre Prier, vom Figaro, besser und ausführlicher. In seinem Beitrag über Chris Stevens, un ambassadeur modèle, ein vorbildlicher Botschafter, berichtet er über ihn, daß er für das Peace Corps zwei Jahre in einem abgelegenen Dorf des marokkanischen Atlas die Kinder Englisch gelehrt habe. Die Aufgabe der Entwicklungshelfer des Peace Corps wie vergleichbarer anderer, nach seinem Muster in westlichen Ländern gegründeter Entwicklungshilfe-Organisationen ist weniger, den Armen zu helfen, als die Anknüpfung von Kontakten auf unterster Ebene im jeweiligen Entwicklungsland zwecks Erkundung der politischen Lage zu nutzen. Preisgünstiger können die Regierungen des Westens nicht beliefert werden; denn den idealistischen, meist linken Helfern, in Nicaragua nannte man sie spöttisch sandalistas, werden Kleinstgehälter bezahlt, sie tun es nämlich für die gute Sache. Nicht allen Helfern wird klar, welche Rolle sie spielen. Der Englischunterricht beispielsweise ist ein Vorwand, wie Brunnenbau, Dienst im Krankenhaus und ähnliche soziale Tätigkeiten. Am wichtigsten sind die Berichte der Entwicklungshelfer, sie werden schriftlich und mündlich durch Beamte verschiedener Behörden und Ministerien, vom Außen- übers Verteidigungsministerium bis zur Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, von ihnen abgegriffen.

Wikipedia bringt eine gut dokumentierte Kurzdarstellung der Biographie des Christopher Stevens (18. April 1960 bis 11. September [!] 2012): Nach der Erlangung der Hochschulreife, 1978, studiert er in Berkeley und erhält 1982 den Batchelor of Arts in Geschichte. Von 1983 bis 1985 geht er für das Peace Corps nach Marokko, nach Rückkehr studiert er Rechtswissenschaften und promoviert 1989. Er spricht Englisch, Arabisch und Französisch. In Washington D.C. tritt er ein in ein auf internationale Handelsfragen spezialisiertes Anwaltsbüro und arbeitet dort bis August 1991. Das ist gemäß Pierre Prier eher eine Leidensgeschichte. Er schildert sie so:

"Ein junger Mann guter Herkunft, hat er versucht, sich der Tradition einer kalifornischen Familie von Anwälten und Ärzten anzupassen, in dem er in einem auf internationale Handelsfragen spezialisierten Anwaltsbüro in Washington tätig wurde. Aber eines Tages, hat ein ehemaliger Kollege erzählt, hat er seinen Kopf in die Hände gelegt und angekündigt: 'Ich kann das nicht mehr machen.' ...

Da hat John Christopher Stevens einen Posten im Außenministerium angenommen. Es folgten Posten in Saudi-Arabien, Syrien, in Israel, dann in Libyen. Unter Gaddafi blieben ihm Zweifel, ob der Führer auf Seiten des Westens bliebe. In seinen Depeschen ans Ministerium verbarg er nicht seine Voreingenommenheit gegenüber Gaddafi, dessen Söhnen und Umgebung."

Was nach dem Verlassen des Anwaltsbüros in welcher Reihenfolge erfolgt, muß man Wiki entnehmen, da europäische Medien nicht zu zusammenhängenden Darstellungen fähig sind. 1991 geht er ins Außenministerium und nimmt politische und Wirtschaftsposten in Jerusalem, Damaskus und Riyadh ein, in dieser nicht unwichtigen Reihenfolge. Im Ministerium wird er Direktor des Office of Multilateral Nuclear and Security Affairs, Pearson Fellow beim Senatsausschuß für Auswärtige Angelegenheiten und besonderer Mitarbeiter des Staatssekretärs für politische Fragen, ist zuständig für den Iran und dann Unterabteilungsleiter in der Abteilung für Angelegenheiten des Nahen Ostens.

2007 bis 2009 wirkt er als Stellvertretender Botschafter in Libyen.

Außenministerin Hillary Clinton (2009 - 2013) gibt seiner Karriere die präzise demokratische Richtung des gewaltsamen Regime Change: John Christopher Stevens erhält eine Spezialausbildung im National War College, wo er 2010 den Master of Science erhält. Dort wird er geschult in strategischen Fragen zum Umsturz des Regimes von Muammar al-Gaddafi. Im März 2011, da ist der von Benghazi ausgehende Aufruhr gerade zwei Wochen alt, landet er dort mit einem griechischen Schiff und wird während des Bürgerkrieges, auch genannt "arabischer Frühling", bis November 2011, Sondergesandter der USA beim libyschen National Transitional Council (NTC). Er kehrt nach Washington zurück, von wo ihn Hillary Clinton im Mai 2012 als Botschafter nach Tripoli entsendet.

Seine Begeisterung zeigt er offen, ein Video U.S. Ambassador to Libya, Chris Stevens, vom 21. Mai 2012, das aus aktuellem Anlaß von der US-Botschaft in Tripoli mit dem Wort "Remembering" versehen wird, dokumentiert diese Begeisterung. Die äußert er aber nicht etwa in Arabisch, mit englischen Untertiteln, daß auch nicht des Lesens mächtige Libyer etwas verstehen könnten, sondern er wendet sich allein an des Lesens kundige. 226.537 mal ist das Video bis jetzt, 14. September 2012, 21:45 Uhr, aufgerufen und auch reichlich kommentiert worden. Die US-Botschaft ist unermüdlich als Zensor unterwegs und löscht mißliebige Kommentare wie diesen, eine Antwort auf Lobeshymnen auf den ermordeten Botschafter:

Peacemaker??? Are you kidding? He was actively involved in the planning and implementation of the criminal Nato attack on Libya from the first beginning! He wasn't innocent, absolutely. So it's a striking example of fate's irony - he was brutally killed by the same thugs he brought to power with his own hands!

Friedensstifter??? Machst Du Witze? Er war von Anfang an aktiv beteiligt an der Planung und Durchführung des kriminellen NATO-Angriffs auf Libyen! Er war nicht unschuldig, keinesfalls. So ist das also ein beeindruckendes Beispiel der Ironie des Schicksals - er wurde brutal umgebracht von denselben Verbrechern, die er mit eigener Hand an die Macht gebracht hat!

Wann? Am 11. September 2012! Der Islam liebt Symbole und Rituale.

Es ist ihm eine Ehre, die Aufrührer unterstützt zu haben. Er ist stolz, nach Libyen zurückgekehrt zu sein, das große Werk weiterzuführen, to continue the great work that we started. Dem Kenner des Islam und der Verhältnisse in Libyen kann nicht entgangen sein, welche radikalen Muslime da als angebliche Demokraten unterwegs sind, die Diktatur des Muammar al-Gaddafi zu stürzen. Die Botschaft entblödet sich nicht, die von ihren Ehemännern und Brüdern auf die Straße geschickten, in Hejabs verhüllten Damen als Kämpferinnen für die Demokratie zu porträtieren: The People Want to Change the Regime. Das Volk will das Regime wechseln. The Libyan People's Revolution Is Just, Seeks to Topple Gaddafi. Die Revolution des libyschen Volkes ist gerecht, es will Gaddafi stürzen. Das Wort "Demokratie" kommt nirgends vor. Man sieht Palästinensertücher und adrett gekleidete Aufrührer in Siegerlaune auf Panzern und anderem Militärgerät.

Eine solide Partnerschaft will er aufbauen zwischen den USA und Libyen, um den Libyern zu helfen, ihr Ziel zu erreichen. Allein bis hierher verstoßen die Ankündigungen gegen Suren 5:51, 5:60, 2:65-66, 2:191, 4:89, 7:166, 8:55, 9:29, oder widersprechen ihnen. Es ist nur eine unvollständige Auswahl, wobei 5:51 und 4:56 so lauten:

5:51. O ihr, die ihr glaubt, nehmt nicht die Juden und Christen zu Freunden; einander nehmen sie zu Freunden, und wer von euch sie zu Freunden nimmt, siehe, der ist von ihnen. Siehe, Allah leitet nicht ungerechte Leute.

4:56. Siehe, wer da unsre Zeichen verleugnet, den werden wir im Feuer brennen lassen. Sooft ihre Haut gar ist, geben wir ihnen eine andre Haut, damit sie die Strafe schmecken. Siehe, Allah ist mächtig und weise.

Hillary mit ihren offenen blonden Haaren, dem Jungmädchenlächeln und der dreifachen Perlenkette darf nicht fehlen, ein Schlag ins Gesicht Rechtgläubiger. Es folgt ein Lobgesang des Botschafters auf die Errungenschaften der USA, wobei man sich fragt, wie sich das mit seinen Neigungen zur Politideologie Islam vereinbaren läßt. Offensichtlich ist er davon so angetan, daß er den mehr weltlichen Diktator Muammar al-Gaddafi dafür beseitigen hilft. Dann erzählt er vom Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten der USA, für Muslime geführt aus nichtigem Anlaß, weil kein Glaubenskrieg. Er konfrontiert sie mit Werten, die für sie keine sind, sie können nicht verstehen, was ihnen das soll. Sein großes Vorbild Abraham Lincoln ist nichts für sie. Männerbünde im Islam funktionieren anders. Er erzählt etwas vom gemeinsamen Ziel, von Frieden und Wohlstand, shared goal of peace and prosperity. Dann sieht man ihn als jungen Mann mit Wanderrucksack in Kalifornien. Da habe er noch nicht viel von der arabischen Welt gewußt. Wie's aussieht, hat sich daran bis zu seinem Tode nichts geändert. Er erzählt den Arabern seinen Werdegang, ihnen, die mit solcher Art Individualität nichts verbinden.

Klick! Foto von ihm als Peace Corps Volunteer, da ist er 23 bis 25 Jahre alt. Foto vom Atlas in Marokko. Foto, wie er einem viel kleineren Mann, als er ist, dort jovial die Hand auf die Schulter legt, Fotos mit armen Bauern und reichem Scheich, er kennt sie alle. Blick aufs Fulbright Program for the Middle East and North Africa: Lasset die Kindlein zu mir kommen, und wehret ihnen nicht! Nun weiß ich endlich, was das heißt!

Und so sitzt denn eine im Fulbright-T-Shirt und lässig mit kariertem Schal umhüllte muslimische Stipendiatin da, so daß alle sehen können, was in den USA aus ihren Mädchen und Frauen wird. Es folgen Studentinnen und Studenten, alle durcheinander, die Studentinnen meist ohne Kopftuch. Schnitt, jetzt gibt's verwundete Glaubenskämpfer im Krankenhaus. Die US-Regierung kümmert sich um sie. Hillary schäkert mit einem Pfleger und einem Kämpfer am Krankenbett eines vor sich hin dämmernden Verwundeten. Der Text dazu handelt aber von US-Hospitälern, die sich der Kriegsverletzten annehmen, oder dürfen die Kämpfer in ihren Monturen so in den USA herumlaufen? Nein, die US-Krankenhaus-Fotos kommen jetzt. Das Personal strahlt und lacht.

Nun zeigt er stolz das US Capitol mit der US-Flagge und schwenkt auf eine Sitzung des Repräsentantenhauses: Demokratie in Aktion! Da kämen viele Männer und Frauen mit unterschiedlichem religiösem Hintergrund aus verschiedenen Ethnien zusammen, kurz: Ein Horror für die muslimischen Gläubigen. Sie beseitigen in Ägypten, Irak und Syrien, nachdem es dort schon lange keine Juden mehr gibt, eben die letzten Christen, und auch dabei helfen die USA, wie in Libyen. Dieser Botschafter ist völlig abgehoben von der Wirklichkeit, gläubig schaut er in die Kamera und verspricht gute Zusammenarbeit in Erziehung, Bildung und Gesundheitswesen. Ist er schon zum Islam konvertiert? Mit den Libyern will er ein freies, demokratisches, wohlhabendes Libyen aufbauen.

Es ist nur noch peinlich, aber schlimmer ist, daß Politiker und Medien im Westen immer noch nicht zugeben wollen, daß der Islam sich im Krieg befindet gegen den Westen. Mit jedem Verbrechen der Muslime wird die Rechtfertigung des Islam als Religion des Friedens zu neuen Höhen getrieben. Ich hab's mir nicht angetan zu sehen und zu hören, was Experten von der Sorte Elmar Theveßen und Hamed Abdel-Samad sich wieder zusammenreimen, um die Politideologie Islam als Religion darzustellen und die Gewalttaten unter "islamistischem Terror" zu verbuchen.

John Christopher Stevens möge in Frieden ruhen. Sein Werk wird von Barack Obama und Hillary Clinton mit Hilfe anderer westlicher Regierungen weitergeführt bis zum bitteren Ende. Das haben Ideologien so an sich, sie machen süchtig.